Es gehört inzwischen fast schon zum guten Ton bestimmter Milieus, Sprache nicht mehr als Werkzeug der Verständigung zu begreifen, sondern als politisches Experimentierfeld. Eine kleine, sehr laute Gruppe erklärt mit erstaunlicher Selbstgewissheit, wie künftig gesprochen, geschrieben und gedacht werden soll. Und wie so oft folgt ein Teil der Masse brav hinterher – weniger aus Überzeugung, sondern aus Angst, anzuecken, aufzufallen oder falsch verstanden zu werden.

Das Muster ist alt und keineswegs neu: Eine Minderheit formuliert einen Anspruch, versieht ihn mit moralischem Überdruck und erwartet anschließend, dass alle anderen diesen Anspruch übernehmen. Wer zögert, gilt schnell als rückständig, unbelehrbar oder gar feindlich. Eine sachliche Diskussion über Sinn, Zweck und Nebenwirkungen findet dabei kaum noch statt. Stattdessen wird Konformität eingefordert – möglichst laut, möglichst öffentlich, möglichst alternativlos.

Beim Gendern zeigt sich dieses Phänomen besonders deutlich. Sprache, die über Jahrhunderte gewachsen ist und vor allem eines leisten soll – nämlich klar und verständlich zu sein –, wird plötzlich als defizitär erklärt. Nicht, weil sie ihre Aufgabe nicht erfüllt, sondern weil sie einem ideologischen Ideal nicht entspricht. Dass große Teile der Bevölkerung diese Sprachform weder im Alltag nutzen noch als natürlich empfinden, spielt dabei offenbar keine Rolle.

Ich für meinen Teil mache diesen Zirkus nicht mit. Nicht aus Trotz, nicht aus Provokation, sondern aus Überzeugung. Ich laufe schließlich auch nicht mit erhobenem rechtem Arm durch die Welt, nur weil einzelne ideologisch Verblendete der Meinung sind, man müsse so etwas wieder gesellschaftsfähig machen. Mein Verstand ist groß genug, um zwischen individueller Freiheit und kollektiver Zumutung zu unterscheiden.

Sprache ist kein Bekenntnisritual. Sie ist kein Loyalitätstest und kein moralischer Laufsteg. Sie ist ein Werkzeug. Und Werkzeuge sollten funktionieren, nicht belehren. Wer glaubt, durch Sternchen, Doppelpunkte oder erzwungene Verrenkungen der Grammatik eine gerechtere Welt zu schaffen, überschätzt die Wirkung von Symbolen und unterschätzt die Intelligenz der Menschen.

Ich werde daher weiterhin so schreiben und sprechen, wie es klar, verständlich und sachlich ist. Nicht, weil ich „dagegen“ sein will, sondern weil ich mir vorbehalte, selbst zu denken. Modeerscheinungen kommen und gehen. Ideologien wechseln. Der gesunde Menschenverstand hingegen ist zeitlos – man muss ihn nur benutzen wollen.