Die Bombardierung von Rotterdam am 14. Mai 1940 zeigt beispielhaft, wie Geschichtsschreibung in scheinbar kleinen Formulierungen eine bestimmte Deutung transportieren kann.
Wikipedia beschreibt den Angriff der deutschen Luftwaffe mit dem Hinweis, er habe „obwohl bereits eine Kapitulation erfolgt war“ stattgefunden.

Tatsächlich aber war an diesem Tag lediglich die Entscheidung zur Kapitulation getroffen worden, die formale Unterzeichnung des Waffenstillstands erfolgte erst am 15. Mai.

Durch diese sprachliche Verkürzung entsteht der Eindruck, eine Seite habe trotz einer bereits vollzogenen Kapitulation einen unnötigen Angriff geflogen – ein Narrativ, das den Vorgang stärker als Kriegsverbrechen erscheinen lässt, als es die nüchternen Fakten hergeben.
Ich möchte ausdrücklich betonen: Es geht mir nicht darum, irgendeine Seite zu entschuldigen oder irgendwelche Verbrechen zu relativieren. Solche Taten – gleich von wem sie begangen wurden – sind unentschuldbar. Mein Anliegen ist allein, auf die Trennlinie zwischen Fakt und Interpretation hinzuweisen. Wenn sie verwischt wird, entsteht der Eindruck einer Geschichtsschreibung, die politisch gefärbt ist.
Für mich folgt daraus ein Grundsatz:
Wo ein politischer oder moralisch aufgeladener Aspekt berührt wird, vertraue ich Wikipedia nicht als verlässliche Quelle. Die Plattform ist nützlich für einen ersten Überblick, doch bei kontroversen Themen verlasse ich mich lieber auf zeitgenössische Quellen, wissenschaftliche Literatur oder Primärdokumente und auf meinen Verstand.