Tatsächlich markiert dieses Datum das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa und die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht.
Die Deutung dieses Tages als “Tag der Befreiung”, wie sie etwa Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1985 in seiner vielbeachteten Rede formulierte, betont die Befreiung vom nationalsozialistischen Terrorregime – insbesondere für die Opfer dieses Regimes, für überlebende Juden, politische Gefangene und andere Verfolgte.
Es steht außer Frage, dass es sehr gut ist, in diesem Kontext von einer Befreiung zu sprechen.
Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, dass alle Menschen die nach dem 08.5.1945 geboren wurden, nicht befreit wurden.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der überwiegende Teil von Deutschland und Osteuropa temporär „befreit“ wurde und in eine erneute Diktatur glitt.
Der Begriff „Befreiung“ bleibt also ambivalent – für viele Deutsche war er mit Niederlage, Verlust von Heimat, Gefangenschaft, Mord oder Vergewaltigung verbunden.
Für andere bedeutete er das Ende eines unmenschlichen Systems. Diese Spannung ist Teil einer differenzierten Erinnerungskultur.
