Diesem Land fehlen Politiker von Format
In der heutigen medial und politisch aufgeheizten Zeit würde ein Mann wie Richard von Weizsäcker mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr die Wertschätzung erfahren, die ihm einst zu Recht entgegengebracht wurde. Seine kluge Abwägung, seine nüchterne Sachlichkeit und seine Fähigkeit, differenzierte Argumente jenseits jeder ideologischen Aufgeregtheit zu formulieren, würden heute wohl nicht als Tugenden, sondern als Angriffsflächen wahrgenommen.
Man kann mit einiger Sicherheit sagen: Würde von Weizsäcker heute eine seiner berühmten Reden halten – klar in der Sprache, aber niemals verletzend, mahnend, aber niemals moralisierend – die Empörung wäre ihm gewiss. Die einen würden ihm vorwerfen, nicht radikal genug Position zu beziehen. Die anderen würden seine besonnene Haltung als Schwäche oder gar als Relativierung diffamieren. Und die Medien, immer auf der Jagd nach Konfrontation und Quote, würden sich mit gewohnter Erregungsbereitschaft auf ihn stürzen – auf der Suche nach einem Halbsatz, den man aus dem Zusammenhang reißen kann.
Es ist nicht nur bedauerlich, sondern gesellschaftlich höchst bedenklich, dass Persönlichkeiten mit Weizsäckers Format heute kaum noch Gehör finden. Seine Art zu sprechen – überlegt, respektvoll, intellektuell redlich – war einst prägend für eine politische Kultur, die den Diskurs über den Applaus stellte. Diese Kultur scheint heute ins Hintertreffen geraten zu sein. Die Hegemonie liegt nun bei Lautstärke, Emotionalisierung und schnellen Urteilen.
Gerade deshalb täte es der Bundesrepublik gut, sich wieder auf jene Werte zu besinnen, für die Richard von Weizsäcker stand: Aufrichtigkeit, Verantwortungsbewusstsein und die Suche nach dem Gemeinsamen – auch und gerade in Zeiten der Polarisierung.
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