Die Sache mit den Interpretationen

In einem faszinierenden Akt kultureller Interpretation innerhalb der Grenzen unseres Landes zeigte ein Fußballspieler der deutschen Nationalmannschaft einen Gruß, der je nach Perspektive entweder als Zeichen islamistischer Solidarität oder als unverfängliche religiöse Geste betrachtet werden könnte.

Aber wer sind wir schon, uns in die Untiefen der Deutung zu wagen?

Wenn wir nun diesen Präzedenzfall der großzügigen Interpretation akzeptieren, dann öffnen wir doch gleich das Tor für eine breite Palette an Grußformen.

Die geballte Faust? Ein unmissverständliches Symbol kommunistischer Brüderlichkeit, oder vielleicht nur das stille Leiden eines Menschen, der verzweifelt versucht, eine rebellische Fliege in seiner Hand zu behalten.

Und der „deutsche Gruß“? Nichts weiter als ein freundlicher Hinweis eines Mitbürgers, der uns daran erinnern möchte, dass er stolzer Besitzer von fünf Fingern ist.

So finden wir uns in einem Meer von Gesten wieder, jede mit einer Vielzahl möglicher Bedeutungen. Im Endeffekt ist es eine Frage der Perspektive – oder vielleicht auch der kreativen Auslegung. Wer hätte gedacht, dass der menschliche Körper ein so vielfältiges Repertoire an Interpretationen bereithält?